Kreuzberger Badewanne- so sollte das Sommerbad heißen wenn es nach dem Willen der Bürger gegangen wäre- ging es nicht wie wir wissen.
Auf dem ehemaligen Gelände auf dem am 30. April 1825 die Grundsteinlegung der "Gaserleuchtungs- Anstalt" der englischen Gaswerke erfolgte, findet man heute das als "Prinzenbad" bekannte Sommerbad-
Jeder kennt es, jeder liebt es, jeder will da hin.
Prinzenbad. Schon der Name weckt Assoziationen, obwohl er nur insofern etwas mit dem Bad zu tun, als dass die U Bahn Station nebenan so heiß.
Na und, die Prinzenstrasse gibt es drei Mal in Berlin.
Jeder will da hin?
Ich habe nie verstanden, warum das Schwimmbad so gehypt wird. Es ist nicht das schönste, nicht das älteste, nicht das größte, nicht das mit der schönsten Anlage, hat nicht die hübschesten Kacheln. Was also ist der Grund, dass es in aller Munde, allen Zeitungen, regional und überregional so prominent ist?
Journalisten die in Berlin West in Kreuzberg wohnten, nebenan ins Schwimmbad gingen und immer wieder nur über dieses Bad schrieben? Das hieße ja, sie kamen nicht über ihren Kiez hinaus. Die Bevölkerungsdichte, die dazu führte, das Bad zu einer Art Tempo-Cola-Persil- Berühmtheit zu machen? War die in anderen Teilen so viel geringer? Zugezogene, die mit Kiezbezogenheit ihre Zugehörigkeit beweisen? Das hieße ja, die eingemauerten Freiheitsliebenden hätten sich selbst in ihrem Radius beschnitten.
Nein, das konnte und kann es doch nicht sein.
Jedes Mal, wenn ich dort war- und das war nicht oft, weil es für mich nur ein X beliebiges Schwimmbad ist, hab ich wieder darüber nachgedacht. Ja, klar, es ist ein Schwimmbad mit Kacheln und das übt auf mich per se eine Anziehungskraft aus. Manchmal bin ich einfach nur aus Not- kein anderes Schwimmbad in erreichbarer Nähe- dort schwimmen gewesen und hab es regelrecht blöd gefunden. Wenn ich ehrlich bin, kann das Prinzenbad ja nichts dafür, dass es durch den Hype die besten Öffnungszeiten hat und es ist ja nicht schlecht.
Anfang August 2017
1. Queer Summer Splash in einem Berliner Bad. Außergewöhnliche Veranstaltung. Und eine außergewöhnliche Atmosphäre. Friedlich, bunt, Berlin. Keine Problemkiezdiskussion. Toleranz, Musik und ohne ungutes Gefühl zeigen wen man liebt. Da war das Berlin in dem ich leben will in einem Schwimmbad plötzlich Wirklichkeit.
Da war es plötzlich klar.
Kreuzberg, der Ort an dem man vor dem Mauerbau sein musste und den noch heute die Mystik der damaligen Zeit umgibt. Der Ort am dem "sie" sein wollen. Medienschaffende, Künstler, all die, die nicht Spätzle genannt werden wollen –-jeder findet im Sommerbad Kreuzberg etwas aus jedem X beliebigen Freibad in Westdeutschland, Berlin und auch der *DDR*
Das Zuhause Gefühl.
Da ist das Eisbecken- kennen Ältere aus vielen Freibädern, kaltes Wasser Kindheit.
Da ist das geheizte Becken- kennen Jüngere aus moderneren Freibädern.
Wohnbebauung drumrum- hat man selbst erlebt wie das ‚eigene Freibad‘ immer mehr umbaut wurde.
Da ist die Wiese mitten in der Stadt- kennt man, vom Heimat Baggersee.
Das Café – kennt man, lecker Bärlauchschnittchen wie in dem hippen Café der Heimatortes und Imbiss wie im Freibad der Kindheit mit Pommes und Eis.
Die Stufen am Pool- wie in Ferienorten auf Markt- und Kirchplätzen.
Statt Tauben die auf solchen Stadtplätzen gurren, balzen, durch die urbane Welt fliegen, sitzen dort Menschen und tun das gleiche. Turteln, posieren, ins Gespräch kommen und gehen. So entstehen sie, die
Bücher, Mythen, Geschichten rund um das Sommerbad Kreuzberg.
Durchschnitt. Es ist durchschnittlich.
Die ersten Badegäste durften am 20.Mai 1956 in das Sommerbad. 14 Grad, Pfingsten. Der kältesten Februar seit 125 Jahren wurde auch nicht durch einen warmen Sommer wett gemacht.
1984 wurde das Bad quasi umgegraben. Vergifteter Boden, alles musste weg. Und wohin? In die * DDR *- Mülltourismus unter den Augen der neu gegründeten AL (heute Die Grünen).
Das Bad sieht von außen aus wie der Hochsicherheitstrakt...stopp, das hab ich schon mal so geschrieben (Durchschnitt…). Rechts das Café und Umkleiden, Gepflegte Wiese (besser als der Durchschnitt..), heller und sauberer Sanitärtrakt (überdurchschnittlich) und die Schwimmbecken. Für jeden Geschmack etwas dabei. Nicht (mehr) ganz kaltes Wasser, (für mich fast schon Schnappatmung im Freibad) warmes Wasser, Planschbecken, spielen, springen. Moment? Springen? Ja, auch hier wird, entgegen jeder Behauptung, gesprungen. Matthias Oloew, mittlerweile seit vielen Jahren der Unternehmessprecher der Berliner Bäder Betriebe, die das Bad seit 1997 betreiben, hat es 2006, damals noch Tagesspiegel Redakteur, in seinem Buch über das Sommerbad Kreuzberg treffend beschrieben.
Das Buch ist schön zu lesen. Weil die Geschichten, die Menschen, die Situationen jeder aus seinem Stammbad kennt.
Und das ist es, was Durchschnitt sein kann. Heimat. Ständige Extravaganz ist anstrengend.
Wer mehr wissen möchte: Matthias Oloew „Prinzenbad- 50 Jahre eintauchen in Kreuzberg“ Verlag an der Spree, unterstützt durch die Berliner Bäder Betriebe (gebraucht erhält man das Buch für wenige Cent u.a. auf online Plattformen)*
Eine stimmungsvolle Beschreibung ist hier zu finden.
Außerdem gibt es noch den TAZ Blog zum Bad.
Update: Glosse
*Als kleine Anmerkung: Im Buch sind ein paar 'Fehler'.
Der gravierendste: Die Götzstrasse war und ist immer noch in Tempelhof und damit befindet sich dort das Stadtbad des (ehemaligen) Bezirks.