Der vergessene Olympiaschwimmer Kurt Paul Malisch

Geboren wurde Kurt Paul Malisch am 18.Juni 1881 in der damaligen Stadt Landsberg an der Warthe, heute Gorzów Wielkopolski in Polen,  Partnerstadt von Frankfurt an der Oder.

 

In Landsberg an der Warthe schrieb Gottfried Benn, als er längst Schreibverbot durch die Nationalsozialisten hatte,  "Den Roman des Phänotyp" und einige Essays in der "Walter Flex Kaserne". Flex, Autor des Buches "Der Wanderer zwischen beiden Welten" der in seinem Buch die Beziehung zu einem verstorbenen Freund verarbeitete, wurde von den Nationalsozialisten verehrt. Bemerkenswert, dass die homoerotischen Aspekte des Buches scheinbar ausgeblendet wurden. Krude und kranke Ideologien folgen keiner Logik.

 

Kurt Paul Malisch war Mitglied im Berliner Schwimmclub (aufgegangen im Verein "Berliner Wasserratten)   und trat für diesen im Frühjahr 1912 zu den Ausscheidungswettkämpfen im Seebad Mariendorf an.

Er qualifizierte sich im Alter von 30 Jahren für die olympischen Sommerspiele im selben Jahr in Stockholm.

Malisch war Brustschwimmer.

 

Am 12.Juli 1912  gewann er mit der Zeit 3 Minuten, 8 Sekunden die Bronzemedaille auf der 200 Meter Bruststrecke. Zum Vergleich, 2016 musste sich  Marco Koch in der gleichen Disziplin 2016 mit einer Zeit von 2.08 mit Rang 7 zufrieden geben.

Gold ging an seine deutschen Konkurrenten Walter Bathe, Silber an Willy Lützow. Auf 400 Meter Brust schwamm er auf Platz 4.

 

1912 lebte Malisch in der Friedrichstraße 27, Lichtenberg (das dürfte heute Wönnichstraße 64/66 sein). Später lebte er wahrscheinlich in der Simplonstraße.

 

Malisch war verheiratet mit Else Hedtke. Sie hatten eine Tochter, Gerda, die vor ihren Eltern verstarb. Gerda betrieb vermutlich (Historische Adressbücher der *DDR*) in Weissensee eine "Lotto Einnahmestelle" (Klement-Gottwald-Allee 46) 

Kurt Malisch lebte, laut Adressbücher, ab 1941 in Berlin, Magdalenenstraße 5.

In der *DDR* war er bekannt, geehrt und schwamm bis mindestens Anfang der 1960 er Jahre noch bei Schwimmfesten. Malisch blieb sein Leben lang dem Schwimmen verbunden auch über seine aktive Zeit hinaus.

Gestorben ist Kurt Paul Malisch am 09.April 1970.

Quelle: Landesarchiv, Standesamt Eintrag Tod


Beigesetzt wurde er im Familiengrab der Familie seiner Frau. Das Grab befindet sich auf dem stillgelegten Friedhof am Rathaus Lichtenberg, in der Rudolf Reusch Strasse. Das Grabmal ist völlig überwuchert von Dornen und Gestrüpp und war erst im zweiten Suchanlauf zu finden.

Die letzten Beisetzungen fanden 1970 auf diesem Friedhof statt, im gleichen Jahr wurde er 'stillgelegt'. In einen Park wurde er 1995 verwandelt.

Quelle: Neues Deutschland Juni 1967, Zefys

Quelle: Berl. Zeitung 1960, Zefys

Update Oktober 2018: Nachruf aus der Berliner Zeitung, 1970,  Zefys


In seiner Geburtsstadt fehlt er auf der Liste "Söhne und Töchter der Stadt". Auch in seiner späteren Heimat, Berlin und von seinem Schwimmverein, wurde   Malisch vergessen.

Vielleicht findet der Verein "Berliner Wasserratten", in dem der Schwimmclub aufging, für den Malisch antrat, eine passende Würdigung für den berühmten ehemaligen Vereinskameraden.

 

Update: Ein Mitglied des Schwimmvereins "Berliner Wasserratten" will die Suche unterstützen. In der Vereinszeitung erschien dieser Artikel. Vielen lieben Dank dafür.