Faszination schwimmen in Berlin- gestern und heute: Schwimmhalle Zingster Strasse

36 Hallenbäder, 18 Sommerbäder die laut Betreiber, Berliner Bäder Betriebe (BBB) größte und, wie ich finde, eindrucksvollste und schönste Bäder Landschaft in Europa befindet sich innerhalb der Berliner Stadtgrenzen. Historisches Ambiente des ausgehenden 19. Jahrhunderts im ältesten, noch erhaltenen Bad, in Berlin in der Krumme Strasse in Charlottenburg . Von der Grande Dame, dem schönsten unter den stilvollen Bädern, Stadtbad Spandau Nord,  über die 1920 er Jahre im Stadtbad Mitte, mit dem einzigen erhaltenen 50 Meter Sportbecken aus dieser Zeit, zu, im Größenwahn gebauten, Schwimmbädern in der Finckensteinallee und am Olympiastadion. Sommerbäder im 1950 er Jahre Charme, zum Beispiel in der Rixdorfer Strasse, bis hin zu robusten Zweckbauten der 1970 Jahre wie in Gropiusstadt und am Ankogelweg in Mariendorf. Strandbad in Wannsee, Urlaub in der Stadt am Sandstrand. Die Volksschwimmahllen B, C und Typ Berlin 83 ergänzen die Bäderlandschaft mit Funktionalität und dem, was Bäder sein sollen. Schwimmstätten. In Berlin gibt es Bäder aus all diesen Epochen, für alle Bedürfnisse rund um das Schwimmen und Baden. Letzter Zweck Hallenbad Bau West Berlin war das Stadtbad Tiergarten,. Jetzt dümpelt das Bad vor sich hin trotz exquisiter Lage. 1987, mit Eröffnung des Wellenbades in Kreuzberg, war man auch in West Berlin angekommen in der Spaßgesellschaft.

Im Rahmen der Olympiabewerbung in den Neunzigern ein letztes Mal ein Schwimmbad Bau, die SSE, dieses Mal im vereinten Berlin, der nur eins sollte, dem schwimmen dienen. Letzter Schwimmbad Untergang: Schwimmhalle Holzmarktstraße

Zauneidechsen Move

Sie steht auf der roten Liste der bedrohten Arten. Zur Zeit wird der Pfuhl in der Nähe der Schwimmhalle revitalisiert um den Lebensraum dieser Eidechse zu erhalten.Die grünen Laubfrösche sollen dort ebenfalls wieder heimisch werden. Eine schöne Beschreibung für einen Spaziergang findet man hier. Am Barther Pfuhl soll man im Winter gut rodeln können. Für die Kunst im öffentlichen Raum waren u.a. R. Rehfeldt und H. Henning verantwortlich.  In fußläufiger Nähe befindet sich der wunderschöne Malchower See mit einer Badestelle. Ähm, Moment, es geht ja um die Schwimmhalle und nicht um eine überraschend schöne Umgebung rund um die Hochhäuser.

Last Move

Die Schwimmhalle wurde im Rahmen des Wohnungsbaus Neu Hohenschönhausen am 12.11.1988 eröffnet nach drei Jahren Bauzeit.

Niemand ahnte, dass nur ein Jahr später Mauern, Stacheldraht, Todesschüssen an einer irrsinnigen Grenze, aber auch der quasi Konkurrenzkampf zweier Systeme, auch im Schwimmbadbau, ein Ende haben würde.

Nun wird sie 30 und keiner merkt es.

Schade.

Die Schwimmhalle in der Zingster Straße war das letzte reine Schwimmbad plus Sauna das in der damaligen Hauptstadt der *DDR*, Ostberlin,  als Typbau  eröffnet wurde. Knapp ein Jahr später  wurde im Freizeitforum Marzahn eine Schwimmhalle eröffnet. Ein anderes Konzept, die Schwimmhalle als eine von vielen Attraktionen.

1988, so ist zu lesen in alten Zeitungen, hatte jede Schwimmhalle im Osten der Stadt rund 95 Betriebsstunden, davon die Hälfte für öffentliche Nutzung.

Das Bad wurde  meines Wissens zuletzt 2009 für 850000 Euro Teil saniert, Fassadendämmung, Umgestaltung des Eingangsbereichs und Erneuerung des Lüftungssystems. 

 

Die Schwimmhalle ist der gleiche Bautyp, Berlin 83,  wie die Schwimmhalle Ernst Thälmann Park. Größer und schöner als die Volksschwimmhallen Typ C in der *DDR* sollten diese Bäder sein.

Bei meinem letzten Besuch, am Abend, hatte ich irgendwie die Erwartung einer einladenden Beleuchtung wie in der Schwimmhalle Ernst Thälmann Park, in der ich mich zuletzt wieder sehr über das einladende Licht schon außen gefreut hatte, aber nichts.

Grau wie Novembernebel steht das Bad da so mitten zwischen Hochhäusern.

Das Foyer ist austauschbar. Ein Snackautomat mit zivilen Preisen für Schokoriegel und Co., ein paar Sitzgelegenheiten, sauber. Vor dem Drehkreuz ein Schild "Schuhe ausziehen". Ja, klar und die Schuhe der Badegäste stehen dann dort zum größten Teil im Foyer. Ich frag mich, was im Falle eines Brandes oder einer Evakuierung da wohl passieren wird. Die Berliner Bäder Betriebe sollten das besser regeln können, Anton Saefkow Platz sag ich nur.

Das Kassenhäuschen ist hinter Glas, zwei Frauen die munter miteinander plauderten. Ich wollte da nicht stören. Wie in vielen Bädern vorn die Herren Umkleiden, dahinter die Damen. Zur Sauna geht es geradeaus. Zwei Sammelumkleiden mit je einer Einzelkabine, 96 Spinde in hellgrau. Viele Spinde waren belegt aber nicht abgeschlossen, überall lagen Handtücher und Klamotten rum, auf der schmalen Sitzbank und auf dem Boden. Ich war Jahrelang mit Krücken unterwegs, deshalb weiß ich wie lästig so etwas sein kann. 

Besonders sauber war es dort nicht, aber noch akzeptabel.

Hatte ich schon mal erwähnt, dass die  Bänder, Schließsystem und Co in Berliner Bädern einen Extra Beitrag verdienen? Hier nur so viel: zappzerappzapp. Was ist das, Berliner Bäder?

 

Blue Move

Die Duschen mit dunkelblauen Kacheln finde ich schön, am besten war aber die Tatsache, dass alle funktionierten, mit Reglern und lange genug. Es gibt eine in die Jahre gekommene Ablage in Kopfhöhe und eine Leiste mit Haken. Es war sauber, genauso wie die Toiletten.

Durch den kurzen gekachelten Gang geht es in die Schwimmhalle.

25 Meter, himmelbau oben...blaue Kacheln an den Seiten, hübsches blaues Muster an der Front und blau das Wasser

in der Mitte geteilt.

Ich musste unvermittelt an Moses denken. Aber der hatte ja das Rote Meer und nicht das Blaue Bad geteilt...

Wirklich hübsch anzusehen, alles Ton in Ton.

Einen kurzen Moment wünschte ich mir, nicht in einem Berliner Bad zu sein und auch die Mitarbeiter*innen in blauer Dienstkleidung anzutreffen. Schön wäre das schon, zumal es mal Zeit würde, für alle Dienstkleidung einheitlich zu schaffen. Vielleicht gleich mit Aufdrucken versehen, wer was macht/ ist. "Rettungsschwimmer*in" "Fachangestellte*r" "Betriebsleiter*in" etc.

 

Bad Move

Bei einem Besuch vor längerer Zeit war mir das schon mal aufgefallen, ich glaubte an Zufall. Rempler, pöbelnde möchtegern Schwimmbad Besitzer und rücksichtslose Leute gibt es immer mal wieder. Vor einiger Zeit kam es zu mehreren unschönen Zusammenstößen verbaler Art für die  es nicht einmal einen Anlass gab. Die zusätzliche extrem pampige Art des Personals habe nicht nur ich so empfunden. Dieses Mal schien alles anders zu werden. Bei meinem Anruf  hatte ich einen richtig netten Mitarbeiter am Telefon, den ich gefragt habe, was ich mir unter "Spiel und Spassbaden" vor zu stellen habe. Er erklärte mir, dass zwei Bahnen abgetrennt seien, so dass Schwimmer auch auf ihre Kosten kommen.

 

 

Zwei Bahnen? Ich verstand darunter zwei abgeleinte Bahnen. Gemeint ist, das Bad ist in der Mitte mit einer Leine unterteilt. Rechts spielten Kinder mit Wasserspielzeug, eine ältere Frau schwamm dort rum. Sie gehörte zu keinem der Kinder. Ich finde das völlig dreist. Warum müssen Erwachsene unbedingt dort schwimmen?

Auf der linken Seite waren nur zwei Frauen im Wasser. Die Leine ist eine der moderneren, schnurgerade, ich dachte, so leer wie das Bad ist, kann ich ohne Probleme an der Leine Bahnen ziehen. Pustekuchen.

 

Die zwei Frauen, die die ganze Zeit während ich mich umsah am Beckenrand geschwommen sind, schwammen schon nach meiner ersten Bahn mir ständig entgegen. Eine neben einem Kind das gut schwimmen konnte. Zwei Mal fiel mir ein Kind, etwa 13, 14 Jahre direkt vor die Nase, weil es auf der Leine geturnt hatte. Einmal tauchte ein etwa 10 jähriges Mädchen unter der Leine durch und unvermittelt vor mir auf. Niemanden schien das irgendwie zu interessieren. Nach etwa 15 Minuten waren plötzlich kleine Kinder mit Poolnudeln im Becken. Schwimmunterricht. Es ist den Berliner Bäder Betrieben nicht möglich, das konkret anzugeben. Weder in der Ferienplan Änderung noch unter Kursen war dieser Schwimmunterricht angegeben auf der Homepage der Berliner Bäder Betriebe. Ich bin völlig entnervt aus dem Wasser um den Mitarbeiter zu fragen, ob ich jetzt in der falschen Seite schwimme. Er war sehr freundlich und verneinte. Er bot an, seiner Kollegin zu sagen, dass sie darauf achten solle, dass die Kinder mehr an der Außenseite bleiben. Ich sagte ihm, dass sei nicht nötig, da ich nur wissen wollte, ob ich etwas falsch gemacht habe. Nein. Also wieder ins Wasser. Nach weiteren 6 Bahnen habe ich es gelassen. Die beiden beschriebenen Frauen, die genug Platz hatten, kreuzten mit einem grinsen jedes Mal in die wenigen Zentimeter Breite die ich brauche um an der Leine lang zu kraulen. Zum Schluss sagte die eine doch tatsächlich "hier wird nicht geschwommen". Ja, nee, ist klar, niemand schwimmt in einer Schwimmhalle. Mit der Dame hatte ich dann in der Umkleide noch einmal das Vergnügen. Sie laberte mich an, warum ich nicht in die SSE gehe. "Solche wie sie haben hier nichts zu suchen"

Ich habe demonstrativ den Kopfhörer aufgesetzt. Nicht grade das bequemste beim anziehen, aber besser als solchen Stänkerlieseln zuzuhören.

 

Fazit

Für Kinder finde ich dieses Angebot mit Spielzeug toll. Bei genügender Rücksicht ist die Unterteilung in zwei Hälften eine gute Lösung. Ohne Sortierung funktionierte sie zumindest heute wieder nicht. So unscheinbar das Bad von außen ist, so schön ist es von innen. Ein kleines, himmelblaues Paradies.

 

Ausstattung

25-m-Becken 28 Grad
Nichtschwimmerbecken

Trockensauna
Tauchbecken 

Solarium

Das Bild der Schwimmhalle innen ist von den Berliner Bäderbetrieben. Wie schon so oft, auf Anfrage blitzschnell übersandt von Herrn T. Vielen Dank dafür

Hinweis: Ich bin schon öfter gefragt worden, warum ich *DDR* schreibe. Ich setze grundsätzlich Länder, die keine demokratischen Systeme sind/ waren,  sich als Demokratien bezeichnen/ bezeichnet haben in **

Quelle der Zeitungsausschnitte Zefys

In dem Zeitungsarchiv habe ich den Hinweis gefunden, dass die Haltestelle schon "Schwimmhalle" hieß als dort noch kein Schwimmbad war. Die Zingster Straße jedenfalls wurde am 28.03.1984 so benannt. (Quelle alt-berlin.info)

Anfahrt

Die Schwimmhalle ist mit der Strassenbahn sehr gut zu erreichen. Ich bin von Tempelhof mit der U Bahn bis Naturkundemuseum gefahren und von dort mit der M 5 bis zur Ahrenshooper Strasse. Das Bad ist in Sichtweite der Haltestelle. Man kann auch am Prerower Platz aussteigen und ein paar Minuten laufen. Hinweisschilder oder Fahnen habe ich wie fast immer nur in Sichtweite gefunden