Paradiese einer Großstadt

Ich bin ja  ein Hallenbad Fan. Kurze Wege, keine Windwellen, Wetterunabhängig. Im Hallenbad schwimme ich einfach. Um zu schwimmen. Ich bin kein Vogel, aber im Schwimmbecken, gekachelt, versteht sich, hab ich das Gefühl, ich kann fliegen. Schwimmen ist Freiheit. Schwerelos, das Wasser trägt mich.

Wenn es ums Schwimmen geht, ist schlechtes Wetter im Freibad die einzige Chance. Ansonsten läuft man ständig Gefahr, dass rücksichtslose Besucher trotz Verbotsschildern von der Längsseite dir in den Rücken springen. Ein Trauma, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung weiss. Auch die Wegelagerer am Betonrand dürfen trotz Verbotsschildern mit ihren Glasbehältern bleiben wo sie sind. Querpaddlern, die alle gefährden, weil sie sich selbst für die Größten halten, wird kein Einhalt geboten. Geleinte Bahnen, beschildert, bieten etwas mehr Sicherheit. Das schafft der nach eigenen Angaben "Größte Bäder Betrieb Europas" nur in einigen Bädern.

Warum sollte es auch anders sein in Bädern als im Rest der Stadt.  So unterschiedlich wie Kieze in sämtlichen Lebensbereichen mal gut funktionieren, mal im Chaos zu versinken drohen, läuft es auch in den Freibädern.

Sicher ist nur eins. Mit immer weniger Personal kann immer weniger das getan werden, was ein Freibad im Sommer ausmacht.

Mir geht es nicht um die gehypten, die kennt jeder hinlänglich. Liegt es daran, dass vor dem Mauerfall im Westen die Medien in Kreuzberg waren und dort das  Sommerbad eben um die Ecke war? Oder am allseits bekannten Schlager über das Strandbad Wannsee? Egal. Klar, beide sind schön, aber weder die ältesten, noch die größten, noch die schönsten, sie sind einfach die Prominenz unter den Bädern. Und aus meiner Sicht leider überschätzt.

Die Sommerbäder in Berlin

Bundesweit bekannt sind die Schlagzeilen über Massenprügeleien. Stadtweit eilt einigen ein schlechter Ruf voraus. Zu Unrecht, wie ich finde.  Menschen, viele die ewig nicht in einem Schwimmbad waren, glauben sich ein Urteil erlauben zu müssen auf Basis einiger, wenn auch sicher übler Schlagzeilen.

Ja, auch wenn  Medien offensichtlich schwiegen, über einen fast tot geprügelten jungen Mann, der nur helfen wollte, über Diebstähle, Belästigungen, Prügeleien, es gibt alles in einem Schwimmbad, was es auch außerhalb der Welt der Bäder gibt. Darüber muss berichtet werden. Verschweigen macht nur Angst.

Aber Freibäder sind mehr als das, was Schlechtes über sie berichtet werden muss.

 

Freibäder sind der Ort an dem alle gleich sind in all ihrer Unterschiedlichkeit.

Im Freibad ist es egal, ob deine Schwimmbekleidung vom teuersten Hersteller ist, ob du die tollsten Bikinibeine oder das härteste Sixpack hast. Klar, man guckt kurz und guckt dann wieder in den Himmel. Auf den Pool. Freut sich über die Anlage. Schwelgt in Kindheitserinnerungen. Holt sich das obligatorische Eis oder die Pommes, die du an fast jeder Frittenbude in der Stadt günstiger bekommst. Das gehört einfach zum Freibad wie das Wasser.

Geliebt werden alle Freibäder von ihren, oft langjährigen, Stammnutzern.

Freibäder sind der Urlaub vom Alltag. Egal ob du einfach nur deine 30 Bahnen ziehst am Morgen, immer die gleichen, die neben dir schwimmen. Man kennt sich. Erkennt sich, am Schwimmstil. Im Freibad hat auch der Berufstätige ein paar Minuten mehr Zeit.

Man rennt nicht gleich nach der Schwimmsession raus, duschen, föhnen, Arbeit. Im Freibad sitzt man noch 5 Minuten oder länger auf der immer gleichen Bank. Die Haare trocknen auch bei nicht ganz sommerlichen Temperaturen im Wind.

Oder ob du mit der ganzen Familie oder Freunden, Strandliege und Kühlbox am Nachmittag anrückst. Jedes Jahr die Schlange, schwitzen, maulen, um dann mit großen Augen auf ein Schwimmbecken zu schauen, sich den besten noch freien Platz zu suchen. Ob du 60 bist oder 16, das Freibad ist ein magischer Ort. Es ist wie ein Zuhause der Kindheit.

Noch.

Noch wachsen Kinder auf mit der Vorfreude auf den Nachmittag mit planschen, springen, sich beweisen, wer den besten Kopfsprung kann. Noch gibt es Eltern und Großeltern, die den besten Kartoffelsalat aus der Plastikbox holen oder die 3 Euro für das Eis spendieren.

Noch gibt es Jugendliche, die sich im Freibad neugierig und verschämt zugleich ausprobieren. Auch mal über die Stränge schlagen und dann ganz friedlich Musik hören und bis die Durchsage kommt: "Liebe Badegäste, in 30 Minuten schließt unser Bad."

Die Durchsage kommt in immer mehr Bädern immer früher, es ist oft noch Nachmittag.

Einige unserer Freibäder werden wie Stiefkinder vom Betreiber behandelt. Das ist schade.

Ich werde oft gefragt, welches mein Lieblingsbad ist. Diese Frage kann ich gar nicht beantworten. Ich finde jedes unserer Bäder in Berlin hat schöne Seiten und gerade auch die schrulligen Dinge machen unsere einmalige Bäder Landschaft liebenswert.

Sechs der für mich schönsten und bemerkenswertesten Sommerbäder in der Kurzbeschreibung. Müsste ich unter den Freibädern eine Entscheidung treffen, fällt sie zugunsten der vielen Erinnerungen, der Verbundenheit zu meinem Kiez, auf

Meine Sommerliebe

Sommerbad Mariendorf, von Stammnutzern "Rixe" genannt, wird oft mit dem Kombibad verwechselt, in den Medien immer wieder in Marienfelde verortet und vom Betreiber immer mehr vergessen. Im  Sommer 2016 drei Wochen geschlossen während der Ferien und Sommertemperaturen. Die Saison wurde sogar eine Woche früher beendet mit der Begründung "Wetterlage". Das ist deshalb völlig absurd, weil für andere Bäder genau die gleiche "Wetterlage" dazu führte, dass der Betreiber die Saison verlängerte. Das am 30.07.1955 eröffnete Bad war nach der Schließung des Seebad Mariendorf das erste Bad im Bezirk und bis 1964 auch das einzige. Eine liebevoll angelegte Gartenanlage, die heute verrottet, die Freibad Pinguine, die in vielen deutschen, und damit auch Berliner Freibädern, zur Grundausstattung der in den 1950 er Jahren gebauten Sommerbäder gehörten, zerfallen, das Mosaik des schon lange nicht mehr in Betrieb befindlichen Brunnens wächst zu. Die Duschen brauchen neue Türen, wenn es windig ist, knallen sie zu und verkannten sich. Und dennoch. Alles ist so vertraut. Und sauber. Taucht man ein in das 50 Meter Becken, kann man von einem Ende zum anderen sehen, so klar ist das Wasser. Ich bin traurig, dass in dieses Bad so wenig investiert wird. Jeden Tag begegnen mir Besucher, die sich erinnern an bunte Blumen, grüner Rasen und Öffnungszeiten ab 7 Uhr morgens. Und ich bin wütend, über die ewige Leier der Besucherzahlen. Für den Rückgang ist einzig und allein die Öffnungspolitik  der Betreiber verantwortlich. Diffuse Angaben "bei sehr schönem Wetter öffnen wir um 9 Uhr" nützen,  nach all den absurden Wetterdefinitionen, nichts.

Geöffnet war 2018 Montag bis Sonntag 12 bis 19 Uhr. Hoffen wir, dass es 2019 besser wird.

Saisonbeginn soll 01.08.2019 sein

 

Beschreibung

Das Juwel

Sommerbad Wuhlheide wurde 1993 nach Sanierung wieder eröffnet. Seit den 1930 er Jahren war auf dem Gelände ein Freibad, Lichti genannt. Verkleinert nach der Sanierung, trotzdem für mich das Freibad mit der schönsten Anlage und abwechslungsreichsten Wegführung. Brücken, Hügel, in diesem Bad kann man sogar spazieren gehen und landet immer wieder am Schwimmbecken.

Saisonbeginn soll der 27.05.2019 sein

Beschreibung

Das Blumigste

Das Sommerbad am Humboldthain

Als eines der ersten beiden reinen Nachkriegs-Freibäder 1951 eröffnet, erwartet den Besucher als erstes ein wundervoller Blick über  gepflegte, blühende, bunte Blumen auf ein 50 Meter Becken mit mindestens zwei abgeleinten Bahnen bis mittags. Heute kaum noch vorstellbar, war das Bad auf freier Fläche. Der noch existierende Flakturm ist heute zwar nicht mehr präsent, man kann ihn aber noch besichtigen. Heute ist das Bad mitten in einem wunderschönen Park gelegen.

Saisonbeginn soll 01.06.2019 sein

 

 Beschreibung

Das Hügeligste

Das Sommerbad am Insulaner ist der Nachfolger des Südende Bad. Gegründet schon 1903, als Schwimmbad 1924 zum ersten Mal eröffnet, ist es bis heute das einzige kommunale Freibad im Bezirk. Nach dem Umbau wurde es am 14.05.1958 eröffnet.  Ab 1974 wurde im Bezirk zunächst ein Hallen- dann ein Kombibad diskutiert. Im April 1988 schien alles unter Dach und fach, im Mai war wurde alles abgeblasen. Die jahrelangen Pläne und bereitstehenden 57 Millionen D Mark zum Bau eines Kombibads in Lichterfelde wurden, wie so vieles in Berlin, an die Wand gefahren.

Es stand mal im Raum, dass der Betreiber Liegewiesen verscherbeln will.

Saisonbeginn soll 01.06.2019 sein

Beschreibung

Das Grünste

Sommerbad Wilmersdorf, eröffnet 1956, noch heute von Stammgästen "Lochow" genannt, weil die Strasse einst Lochowdamm hiess, wird dieser Tradition seit diesem Jahr auch der Betreiber gerecht. Schon am Eingang lädt eine Bank mit der Aufschrift zum verweilen ein. Ein kleiner Aufsteller zur Geschichte des Bades, perfekt, Berliner Bäder Betriebe. Imposante Becken,noch dazu mit drei abgeleinten Bahnen bis mittags,  Sprungturm und die wohl gepflegteste Liegefläche der Stadt, ein wirklich grüner Rasen. Funktionierender Brunnen, in dem der Bär aus Stein, gut in Schuss, die Gäste zählt.

Seit 19.04.2019 geöffnet

. Beschreibung

Das Nesthäkchen

Freibad Staaken West, wurde nach der Wende saniert und hat alles, was ein Freibad braucht. Ein liebevoll angelegtes Kinderbecken in einem extra mit einer Tür und durch Hecken abgetrennten Bereich. Es wird darauf geachtet, dass hier nur Familien mit den kleinen Kindern sich hier aufhalten. Das ist einmalig in Bädern des kommunalen Betreibers. Ein 25 Meter  Edelstahl Schwimmbecken in einer schönen Umgebung. Moderne Sanitäranlagen, sehr sauber. Im Gegensatz zum Umgang mit Nesthäkchen, die meist umhegt werden von der Familie, ist das kleine Familienidyll mit Alleinstellungsmerkmal vom Betreiber leider wenig geschätzt. Schon in den vergangenen Jahren immer öfter auch in der Saison geschlossen, wird es dieses Jahr nur in den Sommerferien geöffnet. Es ist das Freibad, was am meisten unter der miesen Personalpolitik des Betreibers zu leiden hat. Und mit ihm die Besucher.

Saisonbeginn soll der 20.06.2019 sein